Räumliche Orientierung wird durch die Kombination des Gleichgewichtssinns (Vestibularapparat), der Propriozeption (der Sinn, über den eine Person die Lage und Position des Körpers oder von Körperteilen erfährt), das Tastempfinden und visueller Signale ermöglicht.
Elementar ist dabei der Vestibularapparat, der unter anderem über die Informationen, die von der einwirkenden Schwerkraft stammen, für Gleichgewicht und Orientierung sorgt und damit die Balance und das Gangbild regelt.

Viele Formen des Schwindels resultieren aus einem plötzlichen oder schleichenden Verlust bzw. einer Beeinträchtigung dieses vestibulären Systems. Da für die räumliche Orientierung aber noch andere Sinne verantwortlich sind, ist es möglich, eine Kompensation durch die eingangs beschriebenen Systeme zu erwirken. Dass eine solche Kompensation oftmals nicht vollständig erreicht werden kann, wird leider durch die anhaltenden Beschwerden von vielen Schwindelpatienten ersichtlich.

Über Sonification kann Schwindelpatienten, durch akustische Signale, ein Feedback-Signal über deren Lage im Raum vermittelt werden. Vorteile ergeben sich nicht nur aus dem Vorhandensein eines zusätzlichen Sinneseindrucks, denn die akustischen Sinne, sind normalerweise nicht am Gleichgewicht beteiligt. Die oben genannte audiomotorische Koppelung ist für motorische Kontrolle und motorisches Lernen in diesem Zusammenhang ebenfalls vielversprechend.

Viele Patienten verlassen sich nach dem Ausfall des vestibulären Systems stark auf ihre Sehvermögen und versuchen durch dieses Sinnesorgan den Schwindel auszugleichen, indem sie sich räumliche Orientierungspunkte suchen. Nicht in jeder Situation ist dies allerdings ohne weiteres möglich. Eine sich bewegende Umwelt (bspw. vorbeifahrende Autos/Züge oder die eigene Fortbewegung in solchen Verkehrsmitteln) aber auch schlechte Witterungsbedingungen oder Dunkelheit können den Schwindel oftmals akut verschlechtern.

Die Wirksamkeit von Sonification wurde vor allem bei Stand- und Gangaufgaben bei Patienten unterschiedlicher Schwindelgattungen beobachtet (die bekanntesten darunter: Bilateraler Vestibulopathie (BVP); Funktionsstörung der Otolithen; Unilaterale Vestibulopathien). In den durchgeführten medizinisch wissenschaftlichen Studien wurden über wenige Wochen deutliche Verbesserung bei der Nutzung von Sonification beobachtet. Dazu gehörte auch verbesserte Leistungen bei durchaus fortgeschrittenen Balanceübungen wie bspw. auf unstabilen Oberflächen. Auch die Sicherheit beim Gehen und der Verrichtung unterschiedlicher Aufgaben nahm deutlich zu. Dabei waren die therapeutischen Erfolge zum Teil deutlich besser, als bei Personen, die ohne Biofeedback trainierten.

Eine wesentliche Erkenntnis ist auch, dass viele der erzielten Verbesserungen auch noch Monate nach Beendigung des Trainings vorhanden waren. Es konnte also gezeigt werden, dass hier auch ein erheblicher und nachhaltiger Lerneffekt stattfindet. Einige der Wissenschaftler sehen dementsprechend ein hohes Potential von Sonification auch darin begründet, dass ein permanentes Tragen nicht zwingend erforderlich ist, um den Schwindel zu verringern.

Autor:

Nils Olson ist Sportwissenschaftler an der Technischen Universität München. Als Doktorand beschäftigt er sich an der Sportfakultät mit unterschiedlichen Gesundheitsdimensionen im Bereich der studentischen Gesundheit.

Nils Olson | Nils Olson – Sportwissenschaftler M.Sc.

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